Montag, 24. September 2012

Alcatraz

M. und ich waren auf Alcatraz.

Jeder hat vermutlich schon von der berühmt-berüchtigten Gefängnisinsel gehört. Allerdings war Alcatraz nicht von Anfang an ein Gefängnis, die erste Nutzung so ab 1853 war eine militärische. Erst 1933 wurde das heutige Gefängnis gebaut und 1934 wurden die ersten Häftlinge auf die Insel gebracht. Bis 1963 wurde Alcatraz als Hochsicherheitsgefängnis betrieben. In diesen 29 Jahren gab es 14 Fluchtversuche, wovon (angeblich) kein einziger erfolgreich war. Allerdings sind bis heute drei Insassen nach ihrem Fluchtversuch verschwunden, man geht wohl davon aus, dass sie in der Bay ertrunken sind.

Alcatraz wurde schließlich im Betrieb als Gefängnis zu teuer, da ja alles vom Festland auf die Insel gebracht werden musste und auch die Wartungskosten sehr hoch waren. Wenn man auf der Insel steht, wundert einen der starke und schnelle Verfall der Gebäude kein bißchen, denn der Wind pfeift ganz ordentlich und man schmeckt das Salz in der Luft. Seit der Schließung ist Alcatraz nur noch eine Touristenattraktion und zählt als Nationalpark.

Es gibt übrigens nur einen Anbieter, der rüber nach Alcatraz fährt und dort auch anlegt, daher sind die Karten immer Monate im Voraus ausgebucht. Das ist kein Scherz, ich habe direkt nach meiner Ankunft im Juni Karten für Ende August gekauft! Sonst hätten wir das knicken können.

Ich habe das mit dem "dort anlegen" so betont, weil es haufenweise Anbieter gibt, die "Alcatraz-Touren" verkaufen, dann aber nur einmal um die Insel herum fahren ;-) Zukünftige Alcatraz-Besucher, fühlt euch also hiermit gewarnt.

Die Überfahrt selbst dauert nicht lang, eine knappe Viertelstunde vielleicht. Dabei kann man (wie bei unserer Fährfahrt nach/von Sausalito damals) herrliche Ausblicke über die Bay genießen. Leider war das Wetter nicht so gut, denn pünktlich zu M.s Ankunft am 20.08. zogen Wolken über San Francisco auf und die blieben bis wir zu unserem Roadtrip aufgebrochen sind.


Als wir uns Alcatraz näherten, bot sich uns ein toller Anblick.




Als wir ankamen, wurden wir von einer Touristenführerin begrüßt. Sie erklärte allen den Grundriss der Insel und rührte die Werbetrommel für diverse Veranstaltungen auf Alcatraz (Filmvorführungen, Podiumsdiskussionen usw.).

Wir haben uns für einen Dollar einen Lageplan der Insel gekauft (ist übrigens in allen möglichen Sprachen erhältlich) und uns auf den Weg gemacht. Man muss bis zum "Gipfel" der Insel laufen, denn dort befindet sich das Zellengebäude. Dieses wird als einziges wirklich erhalten, die meisten anderen Gebäude sind nur noch verfallene Ruinen - aber trotzdem cool anzusehen.

Der Wachturm

Das Wachhaus (früher noch mit Graben und Zugbrücke)


Die Offiziersmesse

Auf dem Weg nach oben kommt man an allen möglichen Gebäuden vorbei, die man aber nicht betreten kann.



Wir nähern uns langsam unserem Ziel, dem Zellengebäude


Das Zellengebäude - das eigentliche Gefängnis

Auf der Insel befinden sich so viele Gebäude, weil auf Alcatraz ja nicht nur das Gefängnis war, sondern dort auch die Wärter mit ihren Familien und auch der Direktor samt Familie lebten.

Daher gab es neben dem Zellengebäude und den für den Gefängnisbetrieb erforderlichen Gebäuden (Wachtürme etc.) auch Wohngebäude für die Familien, eine Schule für die Kinder der Wärter, eine kleine Kirche, Gärten und die Villa des jeweiligen Direktors. Außerdem noch verschiedene Nutzgebäude.

Villa des Gefängnisdirektors

Später wurde die Schule dann geschlossen und die Kinder jeden Morgen mit dem Boot zur Schule nach San Francisco gefahren.

Allerdings sind z.B. die Wohngebäude mittlerweile völlig verfallen, da gab es nur ein Schild vor ein paar Schutthaufen.

"Wohngebäude" mit toller Aussicht

Und so sah es wohl mal früher aus:


Der Wasserturm wird gerade restauriert.


Dies ist der Leuchtturm von Alcatraz. Das ist übrigens der älteste Leuchtturm an der amerikanischen Westküste, denn er wurde 1852 gebaut und 1854 in Betrieb genommen.



Und dann waren wir endlich am Ziel: das Zellengebäude!



Direkt hinter dem Eingang bekam man die Audioführung ausgehändigt. Dabei handelte es sich um so ein kleines Abspielgerät mit Kopfhörern, die Führung gab es wieder in vielen Sprachen. Mit dem Gerät lief man dann selbst durch das Zellengebäude und folgte quasi der gesprochenen Führung. Man konnte aber auch auf Pause machen, vor- oder zurückspulen und war so völlig selbstbestimmt und konnte in seinem eigenen Tempo alles in Ruhe anschauen. Das war echt super!

Und vor allem war es angenehm ruhig, wenn man die Kopfhörer abnahm ;-) Denn jeder war ja mit Kopfhörern unterwegs, keiner hat gequatscht - jeder lauschte andächtig der Führung ;-)

Wir haben die englische Führung genommen, weil diese von echten ehemaligen Wärtern und Insassen gesprochen und kommentiert wird. Außerdem war die ganze Führung teilweise von "Gefängnisgeräuschen" wie dem lauten Schließen der Gittertüren usw. untermalt. Dadurch konnte man richtig eintauchen und sich alles echt gut vorstellen, mir hats sehr gut gefallen.



Und dann ging die eigentliche Führung erst los. Natürlich kann ich die nicht komplett wiedergeben, aber es war wirklich interessant und man hat unheimlich viel erfahren. Dabei fand ich beide Sichtweisen, also die der Wärter als auch die der Insassen unheimlich spannend. Zum Beispiel hat ein Insasse beschrieben, wie es ist, wenn man mehrere Tage (als Strafe für Fehlverhalten) in die Dunkelzelle gesperrt wurde. Völlige Dunkelheit über mehrere Tage - da läufts einem schon mal kalt den Rücken runter.




Oder der Bericht eines (mittlerweile erwachsenen) Wärterkindes, sie berichtete, dass sich an Heiligabend alle Kinder vor dem Zellengebäude aufstellten und dann für die Insassen drinnen ganz laut Weihnachtslieder sangen. Und dass ihr erst viel später klar wurde, dass der für sie glücklichste Tag des Jahres wohl der traurigste im Jahr der Insassen war.

Die übliche (winzige!) Zelle, in die die Insassen meist 23 Stunden am Tag eingesperrt waren, sah so aus.



Eine Stunde Freizeit durften die Insassen dann im "malerischen" Innenhof verbringen.


Ein-/Ausgang vom Zellengebäude zum Innenhof

Die Zellen sind dreistöckig übereinander gebaut, innerhalb des Gebäudes in mehreren Blöcken. An den Kopfseiten der Gänge zwischen den Blöcken befand sich auf Höhe der zweiten und dritten Etage jeweils ein vergitterter Gang (sog. Gun Gallery) für die schwer bewaffneten Wärter, die somit die Gänge völlig unter Kontrolle hatten.
Selbst wenn ein Insasse also die Zelle hätte verlassen können, wäre er sofort von vorn und hinten erschossen worden.

Hier sieht man am Ende des Ganges die Gun Gallery, hinter meinem  Rücken befand sich auch noch eine.




Auch verschiedene Fluchtversuche wie etwa die Schlacht um Alcatraz 1946 wurden bei der Führung erklärt. Es war schon spannend, genau an der Stelle zu stehen, wo sich vor Jahrzenten Dramen abspielten.

Bilder berühmter Insassen von Alcatraz
 
Die Führung endete dann im Speisesaal und der Küche.




Alles in allem kann ich nur sagen: Wenn ihr mal nach San Francisco kommt, ist Alcatraz af jeden Fall einen Tagesbesuch wert!