Mittwoch, 4. Juli 2012

Mein erstes amerikanisches BBQ

Gestern war ich bei einer Kollegin aus der Kanzlei zu meinem ersten amerikanischen BBQ eingeladen. Sie wohnt mit vier oder fünf (das wechselt scheinbar immer) Roommates in einem Haus in Bernal Heights, an der Grenze zum Mission District.

Bereits auf dem Weg dorthin war ich wieder mal sehr froh über mein kleines Apartment in Russian Hill, denn Bernal Heights ist schon ein bißchen weit weg. Da hätte ich einen deutlich längeren Weg zur Arbeit gehabt.

Die Flasche Wein hatte ich übrigens ganz stilecht in einer braunen Papiertüte verpackt, man will ja nicht den Zorn der Gesetzeshüter auf sich ziehen.
Mit der Flasche stand ich dann vor der Tür und klingelte. Keiner macht auf, drinnen wars auch recht ruhig. Ich also nochmal geklingelt. Nichts. Hm, nochmal Straße und Hausnummer kontrolliert, ich war an der richtigen Adresse. Ich wollte grade schon meine Kollegin anrufen, als noch ein Mädel kam. Ich begrüßte sie also und erklärte, dass ich zu M. wolle und niemand aufmacht. Sie darauf "Oh, isn't the door open?", macht einen Schritt an mir vorbei, dreht den Knauf und öffnet die Tür.

Joa, gut. Darauf bin ich nicht gekommen, einfach zu gucken, ob die Tür offen ist...

Drinnen folgte ich dem Mädel, die scheinbar wusste, wo´s langging, einen dunklen, engen Flur entlang. Von dem Flur gingen mehrere Türen ab, die alle offenstanden. Im Vorbeigehen warf ich natürlich neugierig einen Blick hinein, es waren die Schlafzimmer der Bewohner. Und da war ich dann nochmal froh, dass ich mein kleines Apartment für mich hatte. Es herrschte das reine Chaos, in jedem Zimmer!
Nun bin ich ja beleibe kein Ordnungsfanatiker, wirklich nicht - aber das fand selbst ich krass. Die Zimmer waren auch einfach winzig, meist stand mittendrin einfach das Bett und drumrum waren Klamotten, Koffer, und wer Glück hatte auch noch ein Stuhl verteilt.
Durch die Küche (auch hier wieder: Schock! Das soll eine Küche sein?) gings dann hinten raus in den Backyard. Der war dafür sehr schön ;-)
Alle Seiten waren mit Lichterkettennetzen beleuchtet und es gab einen riiiiiiesigen Trompetenbaum, der in voller Blüte stand, deswegen hing der Himmel quasi voller Trompeten. Rundum an den Wänden standen Bänke, natürlich saß darauf niemand.

Das scheint so ein Ami-Ding zu sein, die stehen gern. Das war bisher bei jedem Dinner so, auf dem ich eingeladen war. Man kommt um sechs (hungrig, denn man ist ja zum Essen eingeladen) und steht dann noch bis 9 Uhr mit nem Getränk in der Hand in der Gegend rum, bis man endlich zu Tisch gebeten wird. Um halb zehn hat dann jeder gegessen, dann stehen alle auf und gehen nach Hause.
Beim ersten Mal dachte ich noch, ich hätte irgendein geheimes Zeichen verpasst, denn in Deutschland geht ja dann der gemütliche Teil des Abends meist erst los. Hier geht man dann nach Hause, die Deutschen sind tatsächlich auch als stundenlange Sitzenbleiber verschrien ;-)

Aber ich arbeite fleißig gegen dieses Image an, also habe ich gestern brav in der Gegend rumgestanden und hab Small Talk gemacht. Interessant dabei war, dass eigentlich keiner auf der Party aus Kalifornien kam. Das ist mir auch in der Kanzlei schon aufgefallen, fast niemand stammt tatsächlich aus San Francisco oder wenigstens aus Kalifornien.
Die Gastgeberin selbst kommt aus New Jersey, ich habe Leute aus Kentucky, Montana, Texas, Washington, New York und noch mehr Leute aus New Jersey kennengelernt. Mir wurde erklärt, dass die meisten jungen Leute einfach so schnell wie möglich von Zuhause (meistens wohl irgendein Kuhkaff) weg in die große weite (weiterhin amerikanische) Welt wollen. Spätestens fürs College wird daher mindestens die Stadt, meistens aber auch der Bundesstaat gewechselt. Danach dasselbe nochmal für die University, gestern waren die meisten von Stanford (Palo Alto, CA). Für den Job wird dann meist nochmal umgezogen, und so wird die gesamte amerikanische Bevölkerung während der Ausbildung einmal kräftig durchgemischt ;-)

In einer Ecke des Backyards stand der unvermeidliche Gasgrill, auf dem schon Burger, Hot Dogs und Lachs (wir sind schließlich in Kalifornien) brutzelten. Und ich muss sagen, der Burger war sowas von lecker!

Dafür war das Bier... naja. Zunächst mal bekommt man hier überwiegend Dosenbier, und dann ist es halt amerikanisches Bier. Da hätte ich auch Wasser trinken können. Man holte sich die Bierdosen übrigens ganz stilecht aus einer uralten Kühlkiste, die mit Eis gefüllt war.
Als der Typ, der mir das Bier gab, hörte, dass ich aus Deutschland komme, entschuldigte er sich tausendmal für die Qualität des amerikanischen Biers und dass das bestimmt das schlechteste Bier sei, was ich je trinken werde, weil Deutschland doch ein Bier-Land sei usw. Ich fands natürlich lustig und hab ihn beruhigt, dass es gar nicht so schlimm sei. War es ja auch nicht, nur sehr dünn.
Ich war daher überrascht, als die Amis nach der zweiten Dose zu lallen anfingen... ich hab vier Dosen getrunken und dann langsam mal ein bißchen die alkoholische Wirkung gespürt... Nunja.

Der Höhepunkt der Party war dann die Pinata. Nicht gerade typisch amerikanisch ;-) Aber M. liebt Pinatas und wollte daher auf ihrer Party unbedingt eine haben. Ich habe mich wohlweislich davon ferngehalten, denn ich musste an die unzähligen Home-Videos denken, die man immer bei so Pannenshows sieht ;-) Bei uns ging aber alles gut, das Ding war überraschend hartnäckig, musste zum Schluss aber doch nachgeben.

Überhaupt war die Party erfrischend unpatriotisch, keine Flaggen, keine Anstecker, kein rot-weiss-blaues Essen (normalerweise gibt es Torten in Nationalfarben - hier gabs nur Cupcakes mit grünen Sträuseln), kein "God bless America". Ich war zwar verwundert, aber doch recht froh drüber. Es reicht mir schon, dass immer alle mit Unverständnis reagieren, dass ich NICHT in die USA auswandern möchte.

Als dann etliche Gäste aufbrachen, bin ich natürlich auch gegangen - immer im Kampf gegen die Klischees ;-)

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